Bärbel Mechlers Buch ist für Männer und Frauen. Von Psychopathen betroffene Menschen erleben fast immer neben ihrem Schmerz das Gefühl der Isolation. Niemand glaubt ihnen ihre Leidensgeschichte. Es ist für viele Leser deshalb erst einmal enorm befreiend und erhellend, vom „Besteck“, den Methoden, der Psychopathen zu lesen, diese beim Namen genannt zu sehen. Das Gefühl der Solidarität der Autorin mit den Betroffenen stellt sich dabei bereits auf den ersten Seiten ein. Und Mechler macht von Anfang an Mut, auch durch die Nennung (anderer) Betroffener. Sie lässt viele Opfer ihre Geschichte schildern, beginnend meist damit, wie sie die Sehnsucht in ihnen auf den Partner projizieren.
Das Buch deckt viele Aspekte ab und weist eine hilfreiche Struktur auf. „Fazits“ zum Beispiel helfen, sich zu fokussieren. Es gibt konkrete Handlungsanweisungen bzw. Vorschläge für das eigene Verhalten einem Psychopathen gegenüber. Die Autorin beschreibt den psychopathischen Charakter, seine „fehlende Würdigung zwischenmenschlicher Beziehung“, seine „Abwesenheit von Mitgefühl“ und seine „unersättliche Gier nach Bewunderung und Einmaligkeit“. Die Notizen eines Psychopathen, über die Planung und Durchführung seiner Eroberungen, bis hin zur Kalkulation der Wirkung seiner Kleidung und Accessoires, geben unglaubliche direkte Einblicke in die „Täterperspektive“.
Dabei stellt sich Bärbel Mechler deutlich auf die Seite der Opfer. „Sie sind nicht schuld“. Mit solchen Sätzen baut sie betroffene Leser immer wieder auf. Sie hilft auch, deren Isolation abzubauen, indem sie sich auch an Außenstehende wendet, zum Beispiel Angehörige: „Solange die Überzeugung besteht, dass auch Gewalt ein Ausdruck von Liebe sei, solange kann man dem ganzen grauenhaften Prozess auch als Eltern nur ohnmächtig gegenüberstehen.“ Auch Eltern, Freunden und anderen Außenstehenden gibt sie Ratschläge und nennt Handlungsoptionen. Und auch hier zeigt sie mit diesen Solidarität, indem sie den Psychopathen als den ‚geistigen Brandstifter‘ herausstellt: „Die Verantwortung trägt allein der Psychopath, der all das Böse in die Familie hineingetragen hat“.
Doch will sie diese eindeutige Schuldzuordnung nicht als Aufruf zur Rache an Psychopathen verstanden wissen. Diese seien vielmehr ihr erstes Opfer, „Gefangene ihres Schicksals“. Zusammengefasst vertritt sie die Auffassung: sich wehren ja, Rache nein. Man solle bei sich selbst bleiben.
Dies schildert nur den ersten Teil des Buches, welches in seiner Gesamtstruktur alle (praktischen) Bereiche des Themas abdeckt. Es geht im Folgenden noch auf viele weitere Aspekte ein, wie z. B. finanzielle Folgen, gibt viele taktische Ratschläge für den Umgang mit Psychopathen. Damit ist es eine echte Hilfe für alle Betroffenen. Aber es sollte auch von Außenstehenden gelesen werden. Denn die Autorin erzählt nicht nur die Geschichte von Betroffenen – oder lässt sie von diesen selbst schildern –, sondern erklärt, wie es dazu kommen konnte, bringt Klarheit ins Grau der Schilderungen. Was ist genau passiert, was sind die Methoden der Psychopathen, besonders ihre „ständige(n) Verunsicherungen und findige(n) Manipulationen“. Deshalb ist Mechlers Hinweis „Außenstehende haben fast keine Chance, dieses Prinzip auch nur ansatzweise zu erkennen, da … (die Manipulationen etc.) nach außen hin legitimiert werden“, vielleicht die beste Zusammenfassung, was das Buch so besonders und für möglichst viele Menschen lesenswert macht.