"Superfood Salat: Unser Organismus liebt die gesunde und feine Balance unterschiedlicher Farben und Aromen!"
"Superfood Salat: Unser Organismus liebt die gesunde und feine Balance unterschiedlicher Farben und Aromen!"
Interview mit der renommierten Kochbuch-Autorin und Ernährungsexpertin Dr. Barbara Rias-Bucher
„In der modernen, leichten Küche ist Salat keineswegs nur mehr ‚Grünzeug‘, sondern eine schmackhafte Mischung bunter Zutaten, die im Idealfall alle fünf Geschmacksrichtungen – süß, salzig, scharf, sauer und ein bisschen bitter – sanft vereint und so unserem Organismus positive Signale für unser Wohlbefinden liefert. Außerdem liefert uns ein gut und abwechslungsreich gemischter Salat jede Menge Vitalstoffe und Ballaststoffe, wovon vor allem Letztere unsere so wichtige Darmflora pflegen und gesund erhalten.“ Die bekannte Ernährungsexpertin Dr. Barbara Rias-Bucher, Autorin des Ratgebers „Superfood Salat“, beschreibt im Interview, warum Salat ein unverzichtbarer Bestandteil gesunder Mischkost ist und wie vielfältig er zubereitet und genossen werden kann."
Die ursprüngliche Herkunft des Wortes „Insalata“ hat nur noch sehr wenig mit dem zu tun, was wir heute als den Inbegriff von Frische ansehen. Wie wurde der Salat zu dem, was er ist, und warum liegt er so im Trend?
Dr. Rias-Bucher: Sie haben recht: Das italienische Wort Insalata bezeichnet Eingesalzenes aus dem Vorrat, das man dann jeweils ein bisschen aufgepeppt hat. Da gab es Essiggemüse zu kaltem Braten, Salzheringe wurden mit Äpfeln, Zwiebeln und saurer Sahne vermischt, und die Partysalate unserer Großeltern bestanden aus lauter Dosengemüse mit Mayo. Ein frischer Salat galt noch bis vor rund 40 Jahren als Nebensache. Dann, Mitte der 1970er Jahre, kam er in Mode: Zuerst durch die Steakwelle aus den USA, die uns ein dickes Stück Fleisch und einen großen Teller Salat als Schlankheitskost empfahl.
Dann erlebten wir den segensreichen Einfluss der mediterranen Küche: Was die Appelle der Ernährungsexperten nicht geschafft hatten, bekamen die Italiener, Griechen, Spanier und später die Türken locker hin. Endlich entdeckten die Deutschen ihre Vorliebe für Frisches, Rohes und Salatiges, für Antipasti, Tapas und Mezze – zuerst vor Ort im Urlaub, dann in den vielen neuen Restaurants, die unsere ersten Migranten in Deutschland eröffneten. Ich erinnere mich deshalb so gut daran, weil ich schon immer ein Salat-Fan war – bei uns zu Hause gab es mittags grundsätzlich eine große Schüssel Salat – und nun auch beim Essen im „Italiener“ oder „Griechen“ auf meine Kosten kam. Heute liegt Salat im Trend, weil die wenigsten von uns noch körperlich schwer arbeiten müssen; wir brauchen deshalb auch keine üppigen Mahlzeiten mehr. Salat ist leicht, frisch und genau richtig für moderne Menschen, die fleischarm oder ganz vegetarisch essen wollen.
Sie bezeichnen Salat als reines „Superfood“ für Körper, Geist und Seele. Was ist eigentlich das Besondere an dem einst als bloße Beilage belächelten „Grünzeug“?
Dr. Rias-Bucher: Die Balance unterschiedlicher Aromen und Farben, denn – erlauben Sie mir den Widerspruch! – Salat ist ja keineswegs nur mehr „Grünzeug“; das war einmal. Heute ist ein richtiger Salat eine bunte Mischung aus Zutaten, die im Idealfall das Süße und das Saure, das Scharfe und das Salzige vereinen. Guter Salat steuert außerdem Würze und noch eine Spur Bitternis bei, allerdings gerade so sanft, dass unsere Zunge kein Warnsignal „Vorsicht, giftig“ empfängt. Unsere Sinneszellen im Mund erkennen diese fünf Geschmacksrichtungen und liefern uns unbewusste Informationen für unser Wohlbefinden: Süßer Geschmack hilft uns, energiereiche Nahrung zu erkennen, Salziges dient dem Aufspüren lebenswichtiger Natrium-Ionen, saures Aroma regt einerseits den Appetit an, warnt in größerer Konzentration aber vor Verdorbenem. Würziger Geschmack, den Experten mit dem Begriff umami definieren und der sich nicht nur in Fleisch und Sojasauce, sondern zum Beispiel auch in Käse findet, zeigt uns proteinreiche Lebensmittel an. Die Wahrnehmung von Bitterem ist wiederum ambivalent: Einerseits verdauungsfördernd, weil Bitterstoffe die Gallenproduktion anregen, andererseits ein möglicher Schutzmechanismus, der uns auf giftige Nahrung hinweist. Sie sehen also: Ein gut und abwechslungsreich gemischter Salat sendet positive „Signale“ für den Organismus aus. Und je mehr unterschiedliche Texturen wir im Mund spüren können, desto größer ist auch der Genuss.
Die Kombination bunter Zutaten und der darin enthaltenen Vitalstoffe ist auch ernährungswissenschaftlich sehr interessant. Welche gesundheitsfördernden Wirkungen lassen sich bei Salaten nachweisen?
Dr. Rias-Bucher: Ein kleiner Salat vor dem Essen bereitet den Organismus aufs Verdauen vor, entweder durch Säure im Dressing oder durch Bitterstoffe in den pflanzlichen Zutaten. Ballaststoffreiches wie zum Beispiel Chinakohl, Getreide, Vollkornbrot oder auch Kartoffeln sättigen rasch und nachhaltig; Salat kann deshalb auch seinen Beitrag zur schlanken Linie leisten. Ballaststoffe pflegen außerdem die Darmflora, die unser Immunsystem stabilisiert; die unverdaulichen Pflanzenbestandteile sind Hauptnahrungsmittel unserer „guten“ Bakterien. Und je besser das Futter für diese winzigen Helfer ist, desto besser fühlen auch wir uns: Körper, Geist und Seele profitieren vom gesunden Leben in unserem Bauch. Rohkost und Salat sorgen auch dafür, dass wir zum Beispiel Vitamin C aufnehmen, das durch Kochen ja zerstört wird.
Schließlich kriegen wir auch durch die vielen Kräuter, die zu einem bunten Salat gehören, eine ganze Menge Vitalstoffe: Dill reguliert die Verdauung, pflegt Nieren und Blase; Brennnesseln, Löwenzahn und Estragon wirken entschlackend; Kresse stärkt das Immunsystem, Kerbel das Herz – das sind nur ein paar Beispiele für gesunde Wirkstoffe im Salat. Eine große Vitalstofftabelle in meinem Buch gibt Ihnen dazu noch ganz detaillierte Informationen.
Gemüse und Salat sind inzwischen auch Konsumprodukte, die unter industrieähnlichen Bedingungen für den Markt hergestellt werden. Warum sollte man darauf achten, möglichst oft zum Biohändler zu gehen?
Dr. Rias-Bucher: Es geht dabei nicht um mögliche Schadstoffe in der Nahrung; diese Gefahr wird bei konventionell erzeugten Lebensmitteln gewöhnlich überschätzt. Doch Lebensmittel aus biologischem Anbau sind wertvoller, weil sie meist mehr sekundäre Pflanzenstoffe enthalten als konventionell Angebautes. Der Grund: Pflanzen bilden diese Bioaktiv-Stoffe, um sich selbst gegen Fressfeinde und schädliche Umwelteinflüsse wie Infektionen oder UV-Licht zu schützen. Schirmt man sie zum Beispiel durch Pestizide gegen Schädlinge ab, bilden sie natürlich auch weniger Schutzstoffe. Man kann davon ausgehen, dass Biogemüse eine beachtliche Konzentration an Wirkstoffen aufweist. Außerdem verwerten wir Bio-Aktivstoffe in Gemüse, Obst und Kräutern umso besser, je frischer die Lebensmittel sind – ein weiteres Argument für den Einkauf bei biologisch wirtschaftenden Landwirten und Gärtnereien, von denen viele ja auch die Möglichkeit bieten, Gemüse und Obst selber zu ernten.
Und noch ein Aspekt spricht, wie ich finde, für Biokost: Menschen, die ökologisch wirtschaften, leisten einen wichtigen Beitrag zu Umweltschutz und Nachhaltigkeit. Wir sollten das honorieren, indem wir ihre Produkte kaufen.
Als Selbstversorgerin wissen Sie selbst, dass der Anbau von Obst, Gemüse und Salat im eigenen Garten oft sehr viel Arbeit macht. Welche Möglichkeiten gibt es, wenn Platz und Zeit knapp sind und man trotzdem nicht auf die gesunde Frische verzichten will?
Dr. Rias-Bucher: Hier müssen wir differenzieren: Wer Anbaumöglichkeiten im Garten, aber wenig Zeit hat, wählt das, was ich scherzhaft als Gemüse für Faule bezeichne: Bohnen, Erbsen, Bärlauch, Topinambur, Möhren, Feldsalat, Zucchini, Kürbis, Rucola, mediterrane Kräuter, Zwiebel- und Knoblauchgrün und ein paar Tomaten im Blumentopf. Alle diese Pflanzen werden gesetzt und wachsen dann einfach, ohne dass man sich darum kümmern muss; manche, wie Feldsalat, Rucola, Bärlauch und Topinambur, vermehren sich auch von selber, und die meisten mediterranen Kräuter sind frosthart. Pflegeleichte Pflanzen sind oft so groß oder so robust, dass man kaum jäten muss, weil sie sogar Unkraut verdrängen: Feldsalat zum Beispiel säe ich als Bodendecker, und inzwischen kann ich die Pflänzchen wie Wildkräuter in meiner Naturwiese ernten.
Viele dieser Pflanzen gehören überdies zur sogenannten Permakultur: So nennt man ein Ökosystem, das zwar durch den Menschen kultiviert wird, sich aber nach dem Vorbild der Natur selbst reguliert. Im Idealfall entsteht durch Permakultur ein Lebensraum, in dem die Bedürfnisse von Mensch, Tier und Pflanze einander unterstützen und ergänzen, sodass nur noch ganz geringe Eingriffe ins System notwendig sind. Allerdings müssen auch pflegeleichte Bohnen, Erbsen und manche Tomatensorten anfangs etwas gehätschelt werden, weil sie eine Stütze brauchen, doch das schafft man leicht an einem halben Tag.
Zeitintensiv sind dagegen Salatpflanzen, Artischocken, Auberginen, Gurken, Paprika- und Chilischoten, alle Kohlpflanzen, Rüben, Pastinaken, Sellerie, Rettich und Radieschen – sei es, weil man sie aus Samen ziehen muss, sei es, weil sie einen bestimmten Boden brauchen, regelmäßig gejätet und/oder vor Schädlingen wie Nacktschnecken und Kohlweißlingen geschützt werden müssen.
Wer wenig Platz hat, beschränkt sich auf den Anbau im Blumenkasten und in Pflanztöpfen: Schnittsalat, Pflücksalat, Asiasalat, Römersalat, Spinat und kurze Möhren der Sorten „Erstling“, „Pariser Markt“ oder „Thumbelina“ eignen sich dafür. Rote Beten, Kohlrabi und alle anderen Kohlpflanzen können Sie hier ebenfalls aussäen. Sie bilden zwar keine Knollen oder Köpfe, doch die Blätter schmecken gut im gemischten Sommersalat. Natürlich ist die Ernte nicht so ergiebig wie bei Schnittsalat, doch die Blätter sind gute Würze und reich an Bioaktivstoffen. Zu kaufen gibt es diese Blattsalat-Mischungen auch als Babyleaf oder Mesclun Ausführlich beschreibe ich die Mini-Selbstversorgung in meinem Buch; Sie finden außerdem eine große Tabelle mit genauen Angaben für Eigenbau der wichtigsten Salatzutaten.
Salate eignen sich ganz besonders gut für eine basische Ernährung. Warum ist das für den Organismus so wichtig, und was muss man dabei beachten?
Dr. Rias-Bucher: Jeder Salat ist basisch, weil er zum größten Teil aus Gemüse, grünen Blättern, Kräutern und Obst besteht. Die Inhaltsstoffe all dieser Lebensmittel spielen eine wesentliche Rolle für einen ausgeglichenen Säure-Basen-Haushalt. Erstens erhöht der grüne Pflanzenfarbstoff Chlorophyll die Anzahl der roten Blutkörperchen und versorgt unser Blut mit Sauerstoff. Das ist enorm wichtig, denn zur Übersäuerung des Organismus kommt es, wenn zu wenig Sauerstoff vorhanden ist. Zweitens brauchen wir Gemüse und Salat, Kräuter und Obst, weil der Stoffwechsel mit mineralstoffreichen Pflanzen reibungslos funktioniert und die Nahrung vollständig „verbrannt“ wird. Drittens regen basische Lebensmittel die körpereigene Basenbildung an, vor allem, wenn sie wie Endiviensalat, Artischocken, Rucola oder Wildkräuter auch Bitterstoffe enthalten. Viertens liefern uns Pflanzen reichlich Kalium und dazu die nötige Flüssigkeit, um Schadstoffe rasch auszuscheiden.
Mancher mag sich noch mit Grausen an die essig- und öltriefenden Salatbeilagen aus der Kantine erinnern. Welche Dressings würden Sie für einen Salat empfehlen?
Dr. Rias-Bucher: Leichte! Die Lust am vegetarischen Essen hat im Laufe der letzten 20 Jahre den Geschmack vieler Menschen so verfeinert, dass wir nicht mehr so viel Fett als Aromaträger brauchen. Versuchen Sie mal Dressings mit Obstpüree, Gemüsebrühe, Tee oder Gemüsesaft; diese Mischungen sind leicht, aromatisch und machen zum Beispiel Salat mit Hülsenfrüchten oder Getreide wunderbar saftig. Ein oder zwei Löffel eines frisch gemixten Smoothies, den wir vor dem Essen trinken, passen natürlich auch ins Dressing. Mit Joghurt, Sojasahne oder Buttermilch angerührtes Dressing schmeckt im Salat mit vielen Blättern; zerdrückter Feta bzw. mit Reis- oder Hafermilch cremig gerührter (Ziegen)Frischkäse ist eine gute Sauce zu gebratenem Gemüsesalat oder Salaten mit Früchten. Anstelle von Salz können Sie auch Sojasauce oder Nussmus nehmen, Zitronensaft gibt Getreidesalat ein feineres Aroma als Essig und zarte Süße geben Konfitüre, Fruchtaufstrich, Agavensirup oder Honig.
Hin und wieder hört man Stimmen, die den Salat für ernährungsphysiologisch überschätzt oder in bestimmten Fällen sogar gesundheitsschädlich halten. Worauf beziehen sich diese Kritiker, und was würden Sie der sogenannten „Salatlüge“ entgegenhalten?
Dr. Rias-Bucher: Ehrlich gesagt: gar nichts. Denn erstens erzeugt jeder Trend – und Salat liegt im Trend – einen Gegentrend. Was die einen für optimal halten, wird von der Gegenseite verteufelt. Das muss man so ernst nicht nehmen. Ernährungsphysiologisch überschätzt wird Salat nur, wenn man anderes vom Speisezettel streicht; Salat gehört wie jedes andere Essen zur gesunden Mischkost. Das Argument der Gegenseite, Pflanzen bestünden vorwiegend aus Wasser, ist natürlich richtig. Doch es sagt nichts aus über die Wirkung von Salat. Wasser dient Pflanzen genau wie Tieren und Menschen als wichtigstes Transport- und Lösungsmittel für Proteine, Vitamine und Mineralstoffe. Diese Stoffe gelangen mit der pflanzlichen Nahrung auch in unseren Organismus – selbstverständlich in unterschiedlicher Konzentration. Deshalb – ich betone es nochmals – ist eine möglichst vielfältige Mischkost ja so entscheidend für unsere Gesundheit. Und Salat gehört eben zur Mischkost.
Gesundheitsschädlich kann Salat nur werden, wenn Sie an sich wertvolle Zutaten wie Gemüse, Kräuter, Salat und Obst falsch behandeln, also zuerst das rohe Hähnchen auf dem Arbeitsbrett zerlegen und darauf dann die Salatzutaten schnippeln. Oder den schlanken Salat mit öltriefendem Dressing mischen – siehe oben. Oder Lebensmittel roh essen, die man garen sollte oder garen muss: Kartoffeln, Gartenbohnen, Holunderbeeren oder Getreidekörner. Aber all das passiert ja nicht, wenn Sie den Salat nach den Rezepten meines Buches zubereiten.
Buch-Tipp:
Dr. Barbara Rias-Bucher: "Superfood Salat. 65 Rezepte für alle Jahreszeiten. Mit basischen Salatrezepten zur Entsäuerung", Mankau Verlag, 1. Aufl. März 2016, Klappenbroschur, durchgehend farbig, 143 S. 14,95 Euro (D) / 15,40 Euro (A). ISBN 978-3-86374-293-5
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