Darmpilze: „Die Candida-Immundiät unterstützt unsere Immunabwehr gegen Pilzerkrankungen“
Darmpilze: „Die Candida-Immundiät unterstützt unsere Immunabwehr gegen Pilzerkrankungen“
Interview mit dem Arzt und Ratgeber-Autor Dr. med. Eberhard J. Wormer
„Immer mehr schwere Infektionen werden von Hefepilzen aus dem Darm verursacht. Etwa jeder zweite Mensch beherbergt solche Candida-Pilze bereits in sich, ohne dass sie Beschwerden verursachen. Wird jedoch die Darmflora - etwa durch die Einnahme von Antibiotika - gestört oder tritt eine vorübergehende Abwehrschwäche auf, können sich die Pilze im Körper ausbreiten und uns krank machen.“ Dr. med. Eberhard J. Wormer, Autor des Ratgebers „Darmpilze - heimliche Krankmacher“, beschreibt im Interview die neuesten Erkenntnisse zum Thema Pilzinfektionen und erklärt, wie und warum man mit Hilfe der „Candida-Immundiät“ diesen Erkrankungen vorbeugen oder eine bestehende begleitend auskurieren kann."
Die Schulmedizin hat die Gefahr von Pilzinfektionen erst spät zur Kenntnis genommen. Was waren die Gründe, was führte schließlich zum Umdenken?
Dr. Wormer: Stimmt, noch bis vor wenigen Jahren galten Pilze - im Gegensatz zu Bakterien oder Viren - als harmlose Verursacher von Infektionen der Haut und Schleimhaut. Experten hielten sie zwar für lästig, aber nicht für lebensbedrohlich. Doch inzwischen müssen die Intensivmediziner in Krankenhäusern immer häufiger um das Leben von Patienten ringen, das durch eine Pilzinfektion bedroht ist, da Pilze zunehmend resistent gegen Anti-Pilz-Mittel sind. Das hat zu einem Umdenken geführt. Derzeit suchen Mikrobiologen und Mediziner weltweit nach neuen Diagnosemethoden und Therapien.
Die Anzahl der Pilzinfektionen hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Wo sehen Sie die Ursachen dafür?
Dr. Wormer: Pilzinfektionen gehören heute zu den großen Risiken für Menschen mit einer Vorerkrankung. Sie gehen meistens von einer bestehenden Pilz-Besiedlung im Darm oder im Mund aus. Weil viele Menschen eine solche Besiedlung bereits mitbringen, werden Candida-Hefen neuerdings als Krankenhauskeime gefürchtet. Sie sind heute die vierthäufigsten Erreger von schweren Infektionen. Nur Colibakterien, Staphylokokken und Enterokokken sind noch weiter verbreitet. Für die Zunahme an Pilzinfektionen gibt es Gründe: Heute müssen viele Menschen Medikamente einnehmen, die das Immunsystem beeinträchtigen, sogenannte Immunsuppressiva. Erkrankungen wie Aids und Leukämien erzeugen bei den Betroffenen eine generelle Abwehrschwäche - auch gegen eindringende Pilze. Außerdem verstärkt die oft unnötige Einnahme von Antibiotika das Risiko; auch steigende Diabetesraten und Übergewicht begünstigen Pilzinfektionen.
In diesem Zusammenhang ist die sogenannte „Darmökologie“ wichtig. Welche Bedeutung hat das Ökosystem des Darms für unsere Gesundheit?
Dr. Wormer: Es steht im Zentrum unserer Lebenskraft, das zeigt die aktuelle Forschung. Die Darmökologie befasst sich mit der Art und der Menge von Mikroben, die in unserem Verdauungstrakt leben. Diese Bakterien-WG im Verdauungstrakt wird von unserer Art zu essen stark beeinflusst. Je vielseitiger wir essen, je mehr Gemüse und Kräuter und je weniger Zucker oder Alkohol wir konsumieren, desto besser. Pflanzliche Lebensmittel mit einem hohen Anteil an Ballaststoffen bringen die Darmökologie in eine gesunde Balance. Der Körper hat eine bessere Chance, Pilzinfekte erfolgreich abzuwehren, wenn eine gesunde vielfältige Besiedlung durch Mikroorganismen im Darm vorhanden ist.
Wir sind ja überall von Pilzen umgeben. Welcher Unterschied besteht zwischen harmlosen „Mitbewohnern“ und gefährlichen „Schmarotzern“?
Dr. Wormer: Bei Hefe-Pilzen gilt: Sie müssen nicht, aber sie können jederzeit bösartig werden. Etwa jeder zweite Mensch beherbergt Candida-Pilze, ohne dass ihm diese Mitbewohner schaden. Das heißt, der Pilz lebt oft lange Zeit unbemerkt im Darm. Für einen vitalen Menschen mit vernünftigen Ernährungs- und Lebensgewohnheiten gelten die Erreger deshalb als ungebetene, aber mehr oder weniger harmlose Mitbewohner. Wenn jedoch Antibiotika oder andere Medikamente die natürliche Darmflora schädigen oder wenn ein problematischer Lebensstil das Gleichgewicht der Darmbewohner stört, können sich Candida-Pilze dort ausbreiten und bei nächster Gelegenheit in den Rest des Körpers eindringen. Das gelingt ihnen vor allem dann, wenn nützliche Keime bei der Abwehr fehlen. So kann sich der Pilz von einem harmlosen Besiedler in einen krank machenden Schmarotzer verwandeln. Warum manchmal auch vollkommen fitte Menschen chronische Mykosen, also wiederkehrende Pilzerkrankungen entwickeln, ist ungeklärt. Es könnte sich um eine ererbte Veranlagung handeln, in der Fachsprache „Candida-spezifische zelluläre Immunschwäche“ genannt.
Die Krankheitszeichen einer Pilzinfektion sind vielgestaltig. Wie lässt sich erkennen, ob man betroffen ist, und was sollte als Erstes getan werden?
Dr. Wormer: Warnzeichen sind Verdauungsstörungen wie Durchfall, hartnäckige Verstopfung, besonders aber andauernder Wechsel von beidem. Auch allgemeine Erschöpfung, Müdigkeit, Schweißausbrüche und unerklärliche Stimmungsschwankungen lassen manchmal auf Pilzerkrankungen schließen. Sogar andauernde Erkältungen, wiederkehrende Blasen- oder Scheidenentzündungen und allgemeine Krankheitsanfälligkeit können einen Pilzinfekt signalisieren - ebenso wie etwa Kopfschuppen, juckende Kopfhaut, Ekzeme im Gesicht und an anderen Körperstellen. Asthma, Neurodermitis und Allergien können durch Pilzbefall begünstigt werden. Die klinischen Symptome von Pilzinfektionen sind sehr unspezifisch und unterscheiden sich nicht von bakteriellen Infektionen: Therapeuten beobachten Fieber über 38,5 °C oder Hypothermie unter 36 °C; typisch sind auch Infektionen, die nicht auf Antibiotika reagieren. Wegen dieser unspezifischen Zeichen werden Pilzerkrankungen oft erst spät erkannt. Wer unter einer oder mehreren der genannten Beschwerden leidet, lässt sich am besten von einem Experten untersuchen. Gewissenhafte Ärzte und Heilpraktiker machen Schleimhaut-Abstriche, Proben von Sputum (Schleim, Auswurf) und Stuhl für Labortests. Außerdem lassen sie das Blut auf Antikörper untersuchen.
Ernährung und Lebensstil spielen eine große Rolle bei der Entstehung, aber auch für die Abwehr einer Pilzinfektion. Worauf muss man achten und welche Lebensmittel sind tabu, wenn sich ein Pilz bereits etabliert hat?
Dr. Wormer: Wer selten Gemüse und Vollkorn isst, dafür hauptsächlich Fleisch, Wurst und Käse, lässt die „guten“ abwehrstärkenden Darmbewohner im wahrsten Sinn des Wortes verhungern. Auch Alkohol ist problematisch, weil er zu den bevorzugten Futtermitteln für Pilze zählt. Alkoholische Getränke gehören deshalb während einer Anti-Pilz-Behandlung komplett auf den Index. Das Gleiche gilt für Zucker, denn den haben Pilze nun mal „zum Fressen gern“. Eine große US-Studie konnte zeigen, dass eine zuckerfreie Diät den Erfolg der Behandlung deutlich verbessert.
Es heißt, dass man ohne Medikamente bei der Behandlung von Darmpilzen nicht auskommt. Gibt es hier auch alternative Heilmethoden, die Abhilfe schaffen oder zumindest unterstützend wirken?
Dr. Wormer: Patienten mit einer Pilzerkrankung werden zwar eine Behandlung mit Medikamenten nicht vermeiden können, doch gibt es sanft wirkende, nebenwirkungsarme Arzneimittel. Als vorbeugende oder begleitende zusätzliche Therapie sind Naturheilmittel natürlich sehr hilfreich. Wichtig ist, was der Arzt oder Heilpraktiker im Einzelfall entscheidet. Lieber keine Selbstversuche mit ungeprüften Behandlungsformen unternehmen! Damit riskieren Betroffene gesundheitliche Nachteile - und für die erfolgreiche Therapie einer Pilzerkrankung braucht man viel Geduld. Es kann Wochen und Monate dauern, bis man den Pilz einigermaßen unter Kontrolle bekommt.
Die Candida-Immundiät hilft dabei, ein starkes Abwehrsystem zu entwickeln. Was ist das Besondere an dieser „Diät“?
Dr. Wormer: Das Besondere an dieser ballaststoffreichen Diät ist ihr umfassender Gesundheitsnutzen. Sie unterstützt nicht nur die Immunabwehr gegen Pilzerkrankungen, sondern senkt gleichzeitig generell die gesundheitlichen Risiken bei einer ganzen Reihe von chronischen Grunderkrankungen, zum Beispiel bei Diabetes, Bluthochdruck, Leber- und Fett-stoffwechselstörungen. Sogar überschüssige Pfunde schwinden ohne große Entbehrungen mit der Zeit, wenn man sich an diese zuckerreduzierte, darmfreundliche Ernährungsform hält. So wirkt die Anti-Pilz-Diät doppelt. Sie macht den Darm fit, sich gegen das Eindringen der Pilze zu wehren, und mildert gleichzeitig die Grunderkrankungen, die den Übeltätern sonst womöglich bald wieder Tür und Tor öffnen und Neuinfektionen fördern könnten.
Buch-Tipp:
Dr. med. Eberhard J. Wormer: Darmpilze - heimliche Krankmacher. Wie wir Pilzinfektionen erkennen und wieder gesund werden. Mit ausführlichem Diätplan. Mankau Verlag 2016, Klappenbroschur, durchgehend farbig, 255 S., 16 x 22 cm, 17,95 Euro (D) / 18,50 Euro (A), ISBN 978-3-86374-281-2.
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