"Rauchen ist keine Sucht!"
"Rauchen ist keine Sucht!"
Interview mit dem Bestseller-Autor Andreas Winter
„Rauchen ist keine Sucht, sondern eine Verhaltenskonditionierung. Wer sich die eigentliche Ursache seines Rauchverhaltens bewusst macht, kann dieses daher nach Belieben steuern oder auch ganz mit dem Rauchen aufhören. Doch die Tabakkonzerne und die Medizinindustrie reden den Rauchern ihre Abhängigkeit ein – rein aus wirtschaftlichen Interessen!“
Gewohnt klare Worte findet der Diplom-Pädagoge Andreas Winter in seinem Buch „Nikotinsucht – die große Lüge“; mithilfe seines tiefenpsychologischen Ansatzes konnten schon Tausende seiner Leser und Klienten ihren Zigarettenkonsum einstellen oder nach Wunsch kontrollieren.
Der erste Band der Psychocoach-Reihe („Nikotinsucht – der große Irrtum“) ist 2013 in einer überarbeiteten Taschenbuch-Neuausgabe erschienen – mit einem leicht geänderten Titel: „Nikotinsucht – die große Lüge“. Was war und ist das Neue an diesem Ratgeber?
Winter: Ich beschreibe in meinem aktuellen Buch zwei wichtige Dinge noch viel deutlicher als zuvor: Zum einen, was genau hinter dem sogenannten Schmachtgefühl steckt, das den Raucher zum Rauchen veranlasst und weswegen er glaubt, nikotinsüchtig zu sein. Zum anderen gehe ich noch mehr auf die wirtschaftlichen Interessen ein, mit denen dem Raucher einsuggeriert wird, es wäre schwierig, das Rauchen zu beenden. Die erste Buchausgabe war sehr zurückhaltend, weil ich damals selbst nicht wahrhaben wollte, dass nicht nur die Tabakindustrie, sondern auch unsere vermeintlichen Heiler, die Medizinindustrie, Millionen von Toten aus Profitgier wissentlich in Kauf nehmen. Das hat sich geändert, daher die neue Version, die zudem noch verständlicher und fachlich aktualisiert geschrieben ist.
Seit der Veröffentlichung von „Nikotinsucht – der große Irrtum“ sind neun Jahre vergangen. Welche Reaktionen gab es bislang aus der Medizin bzw. von anderen Ansätzen der Raucherentwöhnung?
Winter: Ich habe sehr viele positive Rückmeldungen von Ärzten und Heilpraktikern bekommen, die mit meinem Ansatz Rauchern (oder sich selbst) zum „Klick im Kopf“ verhelfen konnten. Unter den Teilnehmern meiner Fortbildungskurse zum Nichtrauchercoach finden sich immer mehr Menschen aus diesen Berufen, aber erstaunlicherweise auch „abtrünnige“ Mitarbeiter von Pharmakonzernen, weil sie die Methode erlernen wollen, mit der ich seit über 25 Jahren arbeite. Auch werden meine Thesen von Autoren aus der Raucherentwöhnungsindustrie teils direkt, teils indirekt zitiert, so etwa von Christian Opitz in seinem aktuellen Buch „Befreite Atmung“. Ich glaube, dass es nicht mehr lange dauert, bis sich unter den Rauchern herumgesprochen hat, wie leicht es ist, auf das Rauchen zu verzichten, obwohl natürlich die Industrie alles daran setzt, den Menschen mit Lügen in lohnender Abhängigkeit zu halten.
Ein „Klick im Kopf“ sorgt dafür, dass das Rauchen rückfallfrei aufgegeben werden kann. Wie kann man sich das vorstellen und was genau muss der Raucher dafür tun?
Winter: Es gibt zwei Wege zur Rauchfreiheit: Man kann sich entweder einfach nur genau bewusst machen, was der Auslöser zum Rauchverlangen ist, erkennen, warum ausgerechnet eine Zigarette dieses Verlangen befriedigte, und dann statt des Rauchens genau das erinnern, was das Rauchen einem bedeutete. Oder man geht gleich mit psychologischen Mitteln daran, die Ursache des Rauchverhaltens aufzulösen. Diese Ursache ist meist ein Gefühl von Bevormundung, welches sich durch eine - für Kinder verbotene - Handlung, nämlich Rauchen, für ein paar Sekunden überdecken lässt. In beiden Fällen wird nach dieser Bewusstmachung eine Zigarette als emotional wertlos empfunden.
Wenn das Rauchen eigentlich keine körperliche Sucht erzeugt, wie kann es dann sein, dass gelegentlich doch trotz Lungenkrebs oder anderen Gesundheitsschäden weitergeraucht wird?
Winter: Das ist es ja, was ich in all meinen Büchern beschreibe: Der Körper ist oft unser geringstes Problem. Beispielsweise hätte man bei einer Heroinsucht zwar durch körperliche Abstinenz zwei bis drei Tage lang schmerzhafte Entzugserscheinungen, aber danach wäre der Körper wieder in der Lage, fortan ganz ohne Heroin auszukommen. Die Psyche hingegen kann ein Verlangen ein Leben lang erzeugen. Allerdings braucht sie keine Drogen oder Medikamente, sondern nur deren Wirkung. Zudem lässt sich diese psychische Komponente innerhalb einer einzigen Sekunde der Erkenntnis auflösen, weswegen ich fordere, hierbei nicht von einer „Sucht“ zu sprechen, sondern von dem, was es ist: Eine Konditionierung. Hinzu kommt, dass wir Menschen eine große Leidensfähigkeit entwickeln können. Solange der Krebs noch als ein geringeres Übel als der quälende Erwartungsdruck und die Bevormundungsgefühle empfunden wird, nehmen wir die Krankheit in Kauf. Diese Zusammenhänge bewusst zu machen, ist meine Aufgabe als Coach.
Jedes Jahr sterben weltweit rund fünf Millionen Raucher. Was schlagen Sie vor, um hier einen Wandel herbeizuführen?
Winter: Ich fordere eine Änderung der WHO-Suchtdefinition. Die WHO, also die Weltgesundheitsorganisation, ist so eine Art Vatikan der Mediziner und schreibt vor, was Ärzte zu glauben haben. Die bisherige Definition unterscheidet nicht zwischen einer körperlichen und einer psychischen Abhängigkeit, sondern impliziert bei Sucht grundsätzlich Medikamentengabe. Es gibt aber keine psychische Sucht. Ein erlerntes Verhaltensmuster kann nicht mit Medikamenten bekämpft werden. Man muss sich schon etwas Mühe geben und wirklich mit dem Menschen beschäftigen, wenn man ihm helfen will. Das Instrumentarium hierfür steht aber seit Langem zur Verfügung. Diese fünf Millionen Menschen müssten nicht an den Folgen des Rauchens oder seiner Behandlung sterben, wenn sie einfach nur gelegentlich eine Zigarette oder eben gar nicht rauchen würden. Solange man diesen Menschen aber einsuggeriert, sie wären süchtig und bräuchten Medikamente, solange sollte man das Ganze nicht als "Gesundheitsleistung" bezeichnen dürfen!
Wer hat überhaupt ein Interesse daran, dass Raucher als Süchtige gelten, und was sind die Folgen für deren Behandlung?
Winter: Die Raucherentwöhnungsindustrie setzt mit großem Aufwand alles daran, dem Raucher einzureden, es wäre das Nikotin, weswegen er raucht, und versucht davon abzulenken, dass er in der Kindheit aufs Rauchen „dressiert“ wurde. Allein die unglaubliche Lüge, dass ein Ex-Raucher künftig für immer abstinent sein muss, damit er nicht rückfällig wird, erzeugt bei vielen Rauchern die Angst, auf etwas verzichten zu müssen oder zu scheitern. Daher rauchen sie weiter, anstatt zu reduzieren. Wirtschaftliche Interessen, nicht nur seitens der Tabakkonzerne, sondern auch seitens der Medizin, halten den Raucher in Abhängigkeit. Die Menschen, denen wir unsere Gesundheit anvertrauen, sind diejenigen, die am wenigsten Interesse daran haben, dass wir tatsächlich gesund sind. Durch turnusmäßige Raucherentwöhnung kann man große Umsätze machen und erst recht durch die anschließende Krebsbehandlung, welche natürlich nicht nötig wäre, wenn man dem Raucher zu einem gesunden Lebenswandel ohne Stress, Disziplin und Angst vor Krankheit und Rückfall verhelfen würde. Dass dies geht, zeigen meine Kunden und Leser seit Jahren.
Nach Ihrem Ansatz wäre es auch falsch, von Spielsucht, Sexsucht, Esssucht, Internetsucht, Sammelsucht oder auch Alkoholsucht zu sprechen. Wie reagieren Betroffene auf diesen „Streit“ um den Suchtbegriff?
Winter: Einige Betroffene, vor allem Angehörige von Selbsthilfegruppen, zeigen sich zunächst brüskiert, weil sie sich der liebgewonnenen Verantwortungslosigkeit beraubt fühlen – wer gar nicht süchtig ist, könnte ja schließlich einfach sein Verhalten ändern, doch ohne passende Therapie ist das natürlich nahezu unmöglich. Daher haben „Süchtige“ Schuldgefühle für ihr Verhalten und fühlen sich wie Versager. Wenn man ihnen aber sagt: „Du kannst nichts dafür, dass Du trinkst, spielst, rauchst, Du bist süchtig!“, entfällt wenigstens das Schuldgefühl. Die Erkenntnis, dass man konditioniert ist wie ein dressierter Hund und obendrein Selbstwertstörungen kompensiert, ist daher für viele sehr beschämend. Steigt aber der Leidensdruck oder werden die Menschen ernsthaft krank, sind letzten Endes alle froh, wenn sie eine einfache Lösung präsentiert bekommen, die sich innerhalb weniger Tage umsetzen lässt. Wer einmal die Erfahrung macht, dass er aus einem Verhaltensmuster aussteigen kann, genießt in der Regel seinen Reifeschritt und seine wiedergewonnene Freiheit.
Die Macht der Symbole ist ein wichtiger Faktor für die Entstehung des zwanghaften Rauchverhaltens. Woran liegt es, dass der eine die Zigarette in diesem Sinne nur gelegentlich nutzt, der andere aber nicht davon loszukommen glaubt?
Winter: Der Mnsch ist mit seinen sieben Milliarden Gehirnzellen in der Lage, alles mit allem in Beziehung zu setzen, also zu verknüpfen. Wir können sehr differenziert das Klingeln der Schulglocke als Belastung oder aber auch als Erleichterung empfinden, je nachdem, ob wir uns auf den Unterricht oder die Pause freuen oder nicht. Das geht, obwohl eine Schulglocke per se zunächst keinerlei Bedeutung hat. Diese muss erst erlernt werden. So können wir auch lernen, eine Zigarette sei für Kinder verboten und daraus folgern, wer raucht, ist kein Kind. Und genau dieses Gefühl wird beim Ziehen an einer Zigarette unterbewusst erinnert, wenn man darauf konditioniert ist. Wer sich entweder nicht chronisch bevormundet fühlt oder für wen eine Zigarette nicht die „Lösung“ dieser emotionalen Schieflage darstellt, der kann locker auf den Glimmstängel verzichten.
In der Zigarettenindustrie gibt es derzeit einen Trend zum „sauberen“ Genuss ohne Zusatzstoffe. Wie würden Sie dieses Phänomen aus Sicht ihrer Erfahrung deuten?
Winter: Zigaretten ohne Konservierungsstoffe sind sicher besser als solche, die geschredderte CDs und damit auch eine hohe Dosis an Dioxin enthalten, wie beispielsweise bei einigen osteuropäischen Marken festgestellt worden sein soll. Ich halte Rauchen an sich nicht für besonders bedenklich – kennen Sie einen Raucher, der primär allein wegen seines Zigarettenkonsums krank geworden ist? Wirklich gefährlich werden Zigaretten erst dann, wenn Stresshormone und Giftstoffe sich über Jahre zu einer krankmachenden Mischung zusammenbrauen. Mit Stresshormonen werden viele harmlose Dinge, wie etwa Zucker oder Katzenhaare, zur Gesundheitsbedrohung. Je „sauberer“ die Zigaretten sind, desto weniger Angst hat der Raucher, sie zu rauchen – und das begrüße ich, denn Angst macht krank. Wenngleich ich denke, dass es bei ein oder zwei Zigaretten pro Woche egal sein kann, wie giftig sie sind. Öfter und regelmäßiger sollte man ohnehin nicht rauchen, weil es lächerlich ist, für ein Symbol, dessen Wirkung man selbst erzeugt, Geld auszugeben.
In den Fallbeispielen kommen die unterschiedlichsten Motive für das Rauchen zur Sprache. Welche Raucherentwöhnung ist Ihnen besonders in Erinnerung?
Winter: Da muss ich erst nochmal mein Buch lesen. Es sind so viele Fälle, dass ich sie am besten erinnere, wenn ich darüber schreibe. Aber ich hatte erst heute Morgen einen verzweifelten Raucher in der Praxis. Ende fünfzig mit achtzig Zigaretten täglich, also alle 10 Minuten eine Zigarette. Er schaffte es vor ein paar Tagen mit meinem Buch, ganze vier Stunden nicht zu rauchen, was ihn sehr ermutigte, mich aufzusuchen. Bei mir wurde ihm klar, dass er rauchte, um seine Freiheit zu verteidigen. Bereits im Mutterleib hatte er verspürt, dass hohe Erwartungen an ihn und seine Gesundheit gestellt wurden. Wir lösten das in einer einfachen, aber intensiven Traumreise auf. Interessanterweise hatte er es nach dem Termin nicht besonders eilig, die Praxis zu verlassen. Er plauderte noch eine Viertelstunde mit mir, bevor er sich auffallend dankbar und glücklich lächelnd verabschiedete.
Es geht nicht immer so schnell, aber ich habe im Buch auch die „kürzeste Raucherentwöhnung meines Lebens“ beschrieben. Diese dauerte etwa fünf Minuten und war sehr erfolgreich. Beeindruckend war auch eine Studie aus dem Jahr 2003, die von Sat1 gefilmt wurde, in der knapp 40 Raucher nur nach Ausfüllen eines Fragebogens bereits das Rauchverhalten steuern konnten. Einige hörten sogar ganz auf zu rauchen!
Buch-Tipp:
Andreas Winter: Nikotinsucht - die große Lüge. Warum Rauchen nicht süchtig macht und Nichtrauchen so einfach sein kann! Mit Video-Coaching zum Download. Mankau Verlag, 2. Aufl. 2016, 12 x 19 cm, 188 S. 9,95 Euro (D), ISBN-978-3-86374-080-1.
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