"Betrachten Sie unsere Natur mit neuen Augen und nutzen Sie ihre Heilkraft!"
"Betrachten Sie unsere Natur mit neuen Augen und nutzen Sie ihre Heilkraft!"
Interview mit der Kräuter-Pädagogin und -Expertin Elfie Courtenay
„Für unsere Vorfahren war es selbstverständlich, bei Krankheiten und Beschwerden auf ‚Erfahrungsmedizin‘ zu setzen und das überlieferte Wissen der Kräuterheilkunde zu nutzen. Vieles von diesem Erfahrungsschatz ist verlorengegangen; doch es liegt allein an uns, all das (wieder) zu entdecken, was die Natur für uns bereithält, diese Gaben zu schätzen, ihren wahren Wert zu achten und ihre Heilkraft klug zu nutzen!“
Die Kräuter-Expertin Elfie Courtenay, Autorin des Buchs „Heilkräuter – Überliefertes Wissen für Hausapotheke und Küche“, vermittelt die praktischen Erfahrungen vieler Generationen für das Sammeln, Verarbeiten und Anwenden von Heilpflanzen in der traditionellen Kräutermedizin, aber auch für eine vitale, gesunde Ernährung.
Seit über 20 Jahren begleiten Sie als erfahrene Wildkräuter-Expertin interessierte Menschen in die Natur. Was ist Ihre Motivation dabei, und was wollen Sie bei den Teilnehmern erreichen?
Elfie Courtenay:Ich freue mich, wenn ich interessierten Menschen die Natur näherbringen kann. Vielen Menschen erschließt sich dabei eine völlig neue Betrachtungsweise natürlicher Zusammenhänge. Durch diese gewonnenen Erkenntnisse kann eine Wertschätzung entstehen, die dazu beiträgt, achtsamer und bewusster mit der Natur umzugehen.
Ihr neues Buch „Heilkräuter – Überliefertes Wissen für Hausapotheke und Küche“ will zeigen, welch herrliche Fülle die Natur hervorbringt, wenn man sie lässt. Wo kann man heute noch Heilkräuter sammeln, und was muss man dafür an Vorkenntnissen mitbringen?
Elfie Courtenay: Das Wichtigste ist, ein geschultes Auge zu entwickeln und dabei gleichzeitig seine eigenen Erfahrungen zu sammeln: welche Kräuter auf welchen Böden wachsen, zu welcher Jahreszeit, unter welchen Lichtverhältnissen usw. Neben theoretischen Kenntnissen braucht man vor allem Zeit und Geduld, denn es geht ja nicht nur ums Erkennen und Sammeln, sondern auch darum, den Umgang mit den verschiedensten Kräutern zu erlernen, also das ganze Drumherum des Verarbeitens und Nutzens.
Für unsere Vorfahren war es etwas ganz Natürliches und Selbstverständliches, die Natur zu beobachten und dadurch zu erfahren, welche Pflanzen wie genutzt werden konnten. Auf welche Weise wurde dieses Wissen weitergegeben, und wie lässt es sich für die Zukunft bewahren?
Elfie Courtenay: Die Kräuterheilkunde unserer Vorfahren könnte man als eine reine Erfahrungsmedizin bezeichnen, die sich über viele Generationen entwickelt und auch immer weiter vertieft hat. Dieses Wissen wurde ursprünglich nur mündlich weitergegeben, meist von den Müttern an die Töchter. Sicher ist mittlerweile schon Vieles verloren gegangen, aber ich fand es auch total spannend, noch alte Quellen zu finden, die ich für mein Buch nutzen konnte. Das Interesse an natürlicher Heilung scheint heutzutage ständig zuzunehmen und ist eine wunderbare Voraussetzung, dieses jetzt noch verfügbare alte Wissen auch für die Zukunft zu bewahren.
Auch bei den Heilpflanzen gibt es für den Menschen schädliche und sogar tödlich giftige. Können Sie da ein paar Beispiele nennen? Kann man sie trotzdem selbst anwenden?
Elfie Courtenay: Die Reaktionen auf pflanzliche Giftstoffe können von Bauchschmerzen über Krämpfe und Brechdurchfall bis zu einem Leberschaden, zu Atemlähmung oder Organversagen reichen. Natürlich kommt es immer auf die Art des Giftstoffes und auf die verzehrte Menge an. Efeu- und Holunderblätter sind beispielsweise „leicht giftig“; trotzdem hat man sie früher in der Volksmedizin eingesetzt, und Efeuauszüge finden sich auch heute noch in manchen Hustensäften. Anders sieht es beim Fingerhut und bei der Herbstzeitlosen aus, denn beide wirken schon in geringen Mengen tödlich. Trotzdem sind sie in medizinischen Fertigpräparaten oder in homöopathischen Anwendungen von großem Nutzen. Selbst sammeln und anwenden sollte man giftige Pflanzen natürlich auf keinen Fall!
Das Sammeln von Heilkräutern ist inzwischen genauso beliebt wie „in die Pilze zu gehen“. Worauf sollte man bei der selbstständigen Kräutersuche und ‑ernte besonders achten?
Elfie Courtenay: Bevor man anfängt, irgendetwas zu sammeln, muss man sich natürlich kundig machen. Als oberste Regel gilt immer, nichts zu sich zu nehmen, was man nicht einwandfrei identifiziert hat! Und natürlich ist wichtig, mit geschultem Auge zu erkennen, ob es sich wirklich um sauberen, natürlichen Boden handelt, wo die Pflanze wächst. So wie bei Pilzen darf auch bei Kräutern nur gezielt gesammelt werden: keine giftigen und niemals von gespritzten oder überdüngten Wiesen, nicht vom Straßenrand, von Bahndämmen oder den Gassi-Wegen von Hunden!
Heilkräuter lassen sich vielfältig für die Hausapotheke oder auch in der Küche nutzen. Welche Möglichkeiten gibt es, die Kräuter richtig aufzubewahren und haltbar zu machen?
Elfie Courtenay: Da gibt es unglaublich viele Möglichkeiten. Man kann Kräuter trocknen, in Essig, Öl oder Alkohol ansetzen, schichtweise in Honig, Zucker oder Salz einlegen, zu Marmelade, Gelee oder Sirup verarbeiten, Liköre ansetzen, fermentieren und vieles mehr. Auch Einfrieren ist eine Möglichkeit, ist aber nicht für alle Kräuter ratsam. Die Aufbewahrung kann in Gläsern, Dosen, Stoffsäckchen oder Papiertüten erfolgen. Manche Pflanzen müssen luftdicht gelagert werden, weil sie Luftfeuchtigkeit anziehen und ansonsten schimmeln würden.
Die Natur ist ein wertvolles Gut, welches wir zwar nutzen, aber nicht ausrauben, nicht zerstören und auch nicht achtlos behandeln dürfen. Was kann jeder dafür tun, um diesen Reichtum zu erhalten?
Elfie Courtenay: Leider sind schon jetzt große Teile der Natur zerstört. Das zeigt sich bereits deutlich an der Eintönigkeit unserer Landschaften und an der drastischen Abnahme des Artenreichtums. In meinem Buch gehe ich immer wieder darauf ein, welche Kräuter sich auch ganz leicht im Garten, auf dem Balkon oder im Pflanztrog ziehen lassen. Denn auch so können die Samen wieder in die Natur gelangen, und wir bieten gleichzeitig kleine Biotope für Bienen, Hummeln und Schmetterlinge. Jeder kann etwas dazu beitragen, dass Lebensräume für Insekten erhalten bleiben oder geschaffen werden, selbst auf kleinstem Raum. Es gibt auch sinnvolle Initiativen wie „Blühende Landschaft“, „Essbare Städte“ oder „Sonnenäcker“; über solche Projekte sollte man sich informieren.
Buch-Tipp:
Elfie Courtenay: Heilkräuter. Überliefertes Wissen für Hausapotheke und Küche. Über 70 herausragende Heilpflanzen, mehr als 250 Anwendungen und Rezepte, extra: Geschützte und giftige Pflanzen. Mankau Verlag, 1. Aufl. Mai 2017, Flexobroschur. 16,8 x 24 cm, 254 S. 20,- Euro (D) / 20,60 Euro (A), ISBN 978-3-86374-346-8.
Link-Empfehlungen:
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